Rundfunk, Telemedium – Wir wollen endlich legal senden!

Nicht nur Google Hangouts on Air, sondern auch auch Ustream.tv, Justin.tv und Livestream.com bieten die Möglichkeit eine eigene Sendung ins Internet zu streamen.Ustream Videostreaming

Doch wann braucht man eine Sendelizenz. Derzeit herrscht große Unsicherheit und Ratlosigkeit. Selbst die dafür zuständigen Landesmedienanstalten haben unterschiedliche Auslegungen. Während anscheinend der Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) eine sehr liberale, ja fast schon ketzerische Haltung zum Thema einnimmt, sieht es die für mich zuständige Bayerische Landeszentrale für neue Medien eher konservativ und streng.

Hans Heege Leiter der MAAB laut einem Bericht auf Sat+Kabel:

Der MABB-Chef bezeichnete zudem eine Regelung als ‚rechtlich fragwürdig und überholt‘, wonach Online-Bewegtbildangebote mit mehr als 500 Zuschauern gleichzeitig als Rundfunk eingestuft werden. ‚Außerhalb von UKW wird mit der Rundfunklizenz nicht mehr die Zuweisung einer knappen Kapazität verbunden. Eine Lizenzpflicht kann und muss dort bestehen, wo die Aufnahme einer Tätigkeit wegen der damit verbundenen Gefährdungen einer besonderen Kontrolle bedarf, wie sicherlich im Gesundheits- und Finanzsektor‘, betote Hege.

Dagegen sind die Bayern noch unter dem Vorgänger des heutigen BLM-Präsidenten Siegfried Schneider Mitte 2008 mit der Einführung der 500er Grenze voran geprescht. Sehr lesenswert dazu ist der Bericht auf Spiegel.de vom 16.07.2008. Darin heißt es:

Was hat das neue Regelwerk überhaupt noch mit der Medienrealität zu tun? Anders als UKW oder Kabelnetz ist das Internet auch nicht territorial begrenzbar.

und weiter:

Das Presserecht sei ausreichend, jedem das Handwerk zu legen, der gegen Gesetze verstoße. Mehr Regeln brauche man nicht, sagt Wolf und argumentiert wie Kepplinger: ‚Es ist sinnvoll, dass wir Programme abschalten können, wenn gegen Regeln verstoßen wird.‘ Dass vorab Genehmigungen eingeholt werden sollen, zeuge von ‚obrigkeitsstaatlichem Denken‘, so der Mainzer Professor. (Mathias Kepplinger, Leiter des Instituts für Publizistik der Universität Mainz, hs)

Selbst der Bundeswirtschaftsminister hat erkannt, das die Rechtslage nicht mehr mit den Möglichkeiten Schritt hält. Er forderte uns im Live-Hangout auf, das Ganze zusammen zu schreiben. Wörtlich sagte er:

Ok. Da mache ich jetzt mal ein Angebot. Der Kollege neben mir ist Zeuge (gemeint war damit Daniel Fiene, der neben ihm stand). Einer muss es zusammenschreiben. Dem Kollegen hier geben (gemeint ist wieder Daniel Fiene) und dann zu mir kommen. Wir sind ja für den ganzen Kram zuständig, wenn’s nicht immer die Länder sind. Da will ich mich nicht raus reden. Und dann gehen wir an die Stellen mal ran. Es ist ja eine medienrechtliche Frage, ab wann man ein Sender ist und so weiter. Das hängt ja davon ab, wie viele Streaming Kunden man hat. Aber trotzdem, ich glaub schon, dass das was an Möglichkeiten da ist, nicht ausreichend genutzt wird, weil schlicht weg die bisherigen Regelungen so aufgebaut sind, als es früher noch Rundfunk gab, UKW und ähnliche Dinge. Man hat mit den Möglichkeiten gar nicht rechnen können, weil es sie damals gar nicht gab. Nun muss man es anpassen. Und was man wie anpasst, da bin ich locker und offen”, sagte der Bundeswirtschaftsminister im Gespräch mit mir.

Um eine Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten zu ermöglichen gibt es mehrere Ansätze:

1. Änderung des Rundfunkstaatsvertrages §2 Absatz 3: Bisherige Fassung inklusive Änderungsvorschlag

(3) Kein Rundfunk sind Angebote, die
1. jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden,
2. zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind,
3. ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen,
4. nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind oder I Rundfunkstaatsvertrag – RStV I. Abschnitt: Allgemeine Vorschriften
5. aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden.

2. Integration von Livestreaming via Video in den § 20b des Rundfunkstaatsvertrages analog Webradio. Bisherige Fassung inklusive Änderungsvorschlag:

§ 20b Hörfunk und Livestreaming via Video im Internet
Wer Hörfunkprogramme und Livestreaming via Video ausschließlich im Internet verbreitet, bedarf keiner Zulassung. Er hat das Angebot der zuständigen Landesmedienanstalt anzuzeigen. Im Übrigen gilt § 20a entsprechend.

Hier die derzeitig gültige Fassung des Rundfunkstaatsvertrages:

Edit 23.09.2021 Leider ist die damalige Fassung nicht mehr verfügbar. Die jetzt aktuelle findet man hier.

Wer noch einen besseren Vorschlag hat, der kann sich gerne an uns wenden. Wir werden die Vorschläge am 13.11.2012 auf dem IT-Gipfel unserem Bundesminister Dr. Phillip Rösler persönlich überreichen.

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  1. […] das Vorhaben der Kanzlerin ist für uns eine Gelegenheit auf die derzeit herrschende innovationsfeindliche Gesetzgebung aufmerksam zu machen. Wir haben das in der Vergangenheit mehrfach versucht und dazu mehrfach […]

  2. […] Streaming in den Ausnahmeparagraphen 20b analog zum Webradio aufzunehmen, haben wir aus den möglichen Änderungen als beste und einfachste Änderung heraus gesucht. Denn hierfür gibt es bereits eine erfolgte […]

  3. […] Ja zum Donnerwetter! Um diese Allerwelts-Abspeiseantwort zu geben, haben die in Mainz fast einen Monat gebraucht? Ja ist den schon Karneval? Das die Problematik bei allen Behörden Bund-auf und Land-ab bekannt ist, dafür haben wir ja inzwischen auf allen Ebenen gesorgt. Ihr sollt nicht ewig zwischen Bund und Ländern hin und her evaluieren, zum Henker! Wir wollen endlich wie die Holländer und fast alle anderen europäischen Nachbarn frei und legal senden dürfen. […]

  4. […] Streaming in den Ausnahmeparagraphen 20b analog zum Webradio aufzunehmen, haben wir aus den möglichen Änderungen als beste und einfachste Änderung heraus gesucht. Denn hierfür gibt es bereits eine erfolgte […]

  5. […] Mit zwei kleinen Änderungen der Stellschrauben im Rundfunkstaatsvertrag sorgt der Gesetzgeber für Rechtsklarheit und fördert damit die Entfaltung eines sehr innovativen Dialogformats im Netz. Ausführlich bei Hannes Schleeh nachzulesen. […]

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