27 Millionen Deutsche würden sich eine Datenbrille kaufen

Berlin, 12. Oktober 2015
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom in Deutschland bei Teilnehmern ab 14 Jahren hat ergeben, dass 38 Prozent der Befragten Interesse an einer Datenbrille haben. Laut dem Bitkom gab sogar jeder Siebte der Studienteilnehmer an, auf alle Fälle eine Datenbrille in der Zukunft nutzen zu wollen. Darunter sind erwartungsgemäß die Jüngeren im Alter von 14 bis 29 Jahren mit 57 Prozent am Höchsten vertreten. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es immer noch 40 Prozent die ein hohes Interesse an Smart Glasses wie der Epson Moverio, Sony Eyeglass und der Google Glass angaben. Selbst bei den 50- bis 64-Jährigen ist die Zustimmung mit 35 Prozent noch erstaunlich hoch. Erst bei den Befragten über 65 Jahren sinkt die Bereitschaft sich das Smartphone auf die Nase zu setzen auf 23 Prozent, was aber immer noch fast jeder Vierte ist.

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Smart Glasses Studie Deutschland 2015 Quelle: Bitkom Research 2015

Datenbrillen mit durchsichtigen Bildschirmen ermöglichen verschiedene neue Anwendungen mit Augmented Reality (AR). AR reichert die durch die Brille sichtbare Realität mit zusätzlichen zum Kontext passenden Informationen an. Damit werden völlig neue Anwendungen denkbar. Google hat dies bereits 2012 bei der Vorstellung seines Prototypen gezeigt. Dem Nutzer werden zur Umgebung passende Informationen und Interaktionen angeboten. Die Suche wird mit Anwendungen wie Google Now überflüssig. Die intelligenten Algorithmen der Google-Datenbanken schlagen dem Nutzer passende Informationen zu seiner Umgebung vor. Wer jeden Tag den selben Weg von seinem Zuhause zur Arbeit nimmt, dem zeigt Google Now automatisch die nächste S-Bahn an. Wie so etwas in der Zukunft aussehen könnte zeigt diese YouTube Video:

Weiter heißt es in der aktuellen Pressemeldung des Bitkom:

Die verschiedenen Anwendungsszenarien für Smart Glasses stoßen bei den potenziellen Nutzern ebenfalls auf großes Interesse. Zwei Drittel (63 Prozent) möchten die Brille gerne unterwegs verwenden, um Zusatzinformationen zu Sehenswürdigkeiten zu erhalten. Jeder Zweite (50 Prozent) interessiert sich für die intelligente Brille als Navigationsgerät. Ohne einen Blick auf Karte oder Smartphone lassen sich so unbekannte Städte und Routen leicht erschließen. Informationen beim Autofahren angezeigt zu bekommen, können sich vier von zehn Interessenten (41 Prozent) vorstellen. Dazu gehören etwa die Anzeige der aktuellen Geschwindigkeitsbegrenzung, der richtigen Streckenführung oder Hinweise zur Verkehrslage. Die Möglichkeit, eingehende Informationen wie E-Mails oder Kurznachrichten im Sichtfeld zu sehen, kann sich jeder Dritte (31 Prozent) vorstellen. Beim Einkaufen Zusatzinformationen zum jeweiligen Produkt angezeigt zu bekommen, interessiert 25 Prozent der potenziellen Nutzer. Beide Hände frei zu haben, ohne Gebrauchsanweisungen oder Kochbücher zu wälzen, ist für jeden Sechsten (17 Prozent) denkbar. Dass die Brille die Gesichter von Personen erkennt und automatisch die entsprechenden Profile der sozialen Netzwerke anzeigt, interessiert jeden achten potenziellen Nutzer (12 Prozent).

Diese Studie untermauert meine Vorhersagen für die Zukunft von Datenbrillen im Zusammenhang mit Augmented Reality. Den Zukunftsforscher und Experten Rohit Talwar habe ich auf der letzten InsideAR 2014 in München gefragt, warum er trotz Datenschutz Bedenken glauben würde, dass sich die Datenbrille auf dem Markt durchsetzen werden. Seine Antwort war einfach und überzeugend zugleich:

Wenn ich so eine Datenbrille nutze und ich bin Ihnen damit zwei Schritte voraus, dann wollen Sie auch eine. Das war bei den Smartphones schon so.

Sicher ist diese Überzeugung kein Einzelfall, denn nicht umsonst hat Apple mehrere Patente auf Datenbrillen. Auch der Kauf des Münchner Unternehmens Metaio im Mai diesen Jahres deutet auf ein hohes Interesse seitens Apple an dieser Technologie hin. Auch die von mir 2014 in München interviewte Gartner-Analystin Annette Zimmermann ist dieser Meinung. Sie wurde jüngst im Handelsblatt mit dem Satz zitiert:

„Die Brille wird zum Handy.“

Der Artikel trägt sinnigerweise den Titel: Das Ende der Smartphones naht! Aber wann ist es endlich soweit höre ich Euch fragen. Meine Schätzung in fünf bis zehn Jahren wird die Technik und die Software soweit sein, das die ersten Träger von Datenbrillen den Nichtanwendern die oben erwähnten zwei Schritte voraus sind. Dann wird es auch Zeit für die restlichen 72 Prozent sich die Anschaffung einer Datenbrille zu überlegen.

Um es an einem Bild fest zu machen eine meiner Zukunftsvisionen:

Kinder die heute geboren werden und in 15 Jahren einen aktuellen Film von heute sehen, in dem ein Mensch mit einem Smartphone durch die Strassen einer Großstadt geht und auf sein buntes Täfelchen starrt. Diese Kinder werden dann ungläubig ihre Eltern fragen, was der Mann denn da Gefährliches auf der Strasse macht. Denn seine Aufmerksamkeit ist nicht bei dem Getümmel um ihn herum. Für diese Kinder, die mit Datenbrillen oder vielleicht schon Augmented Reality Kontaktlinsen aufgewachsen sein werden, wird dies völlig unverständlich sein.

Wer gerne die beiden erwähnten Zukunftsspezialisten hören und sehen möchte, hier die beiden Interviews vom Oktober 2014. Leider findet in diesem Jahr keine InsideAR mehr statt. Das ist der Nachteil am Apple-Deal!

 Interview mit Rohit Talwar (English):

Interview mit Anette Zimmermann (Deutsch):

5 Kommentare
  1. Prof. Dr. Heike Simmet sagte:

    Lieber Herr Schleeh,

    das sehe ich ähnlich. Vor allem in der industriellen Anwendung wie z.B. in der Logistik, in der Medizin und auch im Kundenservice (http://hsimmet.com/2014/06/06/tragbare-service-intelligenz-wearable-devices-erobern-den-kundenservice/) zeigt sich bereits jetzt eine wachsende Akzeptanz von Smart Glasses. Aus Mobil wird Wearable – das ist bereits jetzt ganz klar absehbar. Die Verbreitung im privaten Bereich wird m.E. schneller erfolgen als von vielen Bedenkenträgern gedacht.

    Herzliche Grüße

    Heike Simmet

    Antworten
    • Hannes Schleeh sagte:

      Liebe Frau Professor Dr. Simmet,

      vielen Dank für die Zustimmung. Ein weiteres Anzeichen sind die vielen Patent Einreichungen zu dem Thema und die Tatsache, dass sich alle großen Internet Konzerne mit Augmented Reality und dazu passender Hardware beschäftigen. Google hat mit Magic Leap ein weiteres vielversprechendes Startup in diesem Feld eingekauft. Ich bin schon sehr gespannt, welche Datenbrille als nächstes auf den Markt kommen wird.

      Grüße nach Bremen
      Ihr Hannes Schleeh

      Antworten
      • Prof. Dr. Heike Simmet sagte:

        Lieber Herr Schleeh,

        das Thema Smart Glasses wird in Verbindung mit Personal Devices und damit auch Personal Services in der AR mit Sicherheit in Zukunft deutlich an Relevanz gewinnen. Bleiben wir also gespannt…

  2. Ulf Kromich sagte:

    Aus meiner Sicht sollte man die Datenbrillen nicht für den privaten Gebrauch herstellen, da das dann noch schlimmer wird als mit den Smartphones. Wenn ich in der Stadt schon sehe wie viele Menschen nur noch mit dem Smartphone beschäftigt sind…das wird durch die Datenbrille dann noch um einiges schlimmer…

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