Website-Icon schleeh.de

Live Streaming Grundbegriffe

Werbeanzeigen

Bis vor wenigen Jahren war es nur den großen Fernsehsendern möglich, Bewegtbilder live zu übertragen. Die voluminöse Kamera- und Tontechnik sowie die begrenzten analogen Übertragungsfrequenzen hatten diese Form des Sendens enorm eingeschränkt. Live-Übertragungen waren die Königsdisziplin des Fernsehens.

Kameramonster der Öffentlich-Rechtlichen Sender auf der CeBit 2013 Foto: Schleeh

Aufgrund der Unmittelbarkeit des Bilderflusses besteht bei Livesendungen keine Möglichkeit zur späteren Einflussnahme. Was übertragen wird, ist unwiderruflich draußen beim Zuschauer. Man muss sich also vorher überlegen, was man wie senden will. Auch der Bildschnitt muss live vonstattengehen. In den Sendern hat man dazu eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die sich in der Regie um Bild und Ton kümmern. Wer schon einmal bei einer Großveranstaltung, die live übertragen wurde, dabei war, der kann das nachvollziehen. Gerade bei weltweit wichtigen Sportereignissen wie Olympiaden oder Weltmeisterschaften wird ein enormer Aufwand getrieben. Kilometerlange Kabel, Hunderte von Kameras und Übertragungswagen sind dort im Einsatz. Die Qualität muss ja auch dem Ereignis gerecht werden.

Das Internet hat alles verändert

Die Einführung des Internets hat viele Branchen nachhaltig verändert. Nachdem die Rechenleistung und die Speicherkapazitäten im Netz immer weiter steigen und die Größe der Geräte entgegengesetzt dazu abnimmt, war es nur eine Frage der Zeit, dass auch das Live Streaming kostengünstig und qualitativ hochwertig machbar wird. Das Netz hat die Medien demokratisiert. Schon länger kann sich „Jedermann“ mit geschriebenen Worten im weltweiten Netz eine eigene Stimme verschaffen. Heute nennt man das Bloggen. Auch Bilder, wenn auch in vergleichsweise niedriger Auflösung, sind seit über zwanzig Jahren zur Illustration der geschriebenen Geschichten möglich.

Livestreaming mit Hangout on Air auf einem gut ausgestatten MacBook Air Foto: Gunnar Sohn

Nur auf Video mussten die Internetnutzer etwas länger warten. Intel hat Mitte der Neunzigerjahre die ersten Kurzvideos in einer grottenschlechten Auflösung auf der Computermesse CeBIT vorgestellt; damals noch auf 3,5-Zoll-Disketten, die gerade einmal 1,44 Megabyte an Daten speichern konnten. Erst Anfang dieses Jahrhunderts waren dann die Bandbreite, die Speichermedien und vor allem die Rechenleistung ausreichend, um Plattformen wie YouTube zu ermöglichen. Für Live Streaming hat das aber noch lange nicht ausgereicht. Erst kurz nach der Jahrtausendwende war die Technologie so weit, dass die ersten Livestreams auch mit Standardcomputern möglich wurden. Mit der Einführung von UMTS (3G) wurde das Streaming ab 2004 sogar mobil nutzbar. Theoretisch besitzt heute jeder Eigentümer eines Smartphones ein komplettes Fernsehstudio. Schon 2008 gab es einen Dienst namens QIK, über den man live via UMTS und Mobiltelefon ins Internet streamen konnte. Die Auflösung war aus heutiger Sicht alles andere als überragend.

Kostenloses Live Streaming via Hangout on Air

Genau wie QIK, das am 30. April 2014 eingestellt wurde und in Skype aufgegangen ist, hat Google Anfang 2012 einen kostenlosen Live Streaming-Dienst eingeführt. Auf der Plattform Google Plus wurde ab 20. September 2011 die Videokonferenz-Sofware Hangout und ab 7. Mai 2012 die Erweiterung auf Hangout on Air eingeführt. Die deutschen Nutzer mussten allerdings noch bis zum 15. August 2012 warten, bis sich Google dazu durchringen konnte, im Land der Datenschützer den neuen Live Streaming-Dienst freizuschalten.

Was ist ein Hangout?

Mit dem Begriff Hangout hat Google im deutschsprachigen Raum kein gutes Händchen bewiesen. Ins Deutsche übersetzt bedeutet Hangout so viel wie die Bude, der Lieblingstreff oder das Stammlokal. Anhören tut es sich wie Abhängen oder Herumhängen. Unter Hangout subsumiert Google inzwischen die komplette direkte Kommunikation auf seiner Plattform Google Plus. Das ist in erster Linie der Chat. Hangouts sind aber auch Videotelefonate über einen Computer, Tablet oder ein Smartphone. Skype hat sich in diesem Bereich als Begriff längst im Sprachgebrauch etabliert. Auch bei Skype gibt es wie bei Hangouts die Möglichkeit, gleichzeitig mit mehreren Personen zu „videofonieren“. Inzwischen haben genau wie im Google Hangout, auch in einer Skype-Konferenz zehn Teilnehmer Platz.

ON AIR BITTE NICHT STÖREN

Was ist ein Hangout on Air?

Während also ein Google Hangout nichts anderes als eine Skype-Videokonferenz mit bis zu zehn Teilnehmern ist, bietet Google Hangout on Air eine direkte Verbindung zum YouTube- Kanal. Der Hangout mit bis zu zehn Teilnehmern (inklusive Veranstalter) wird live mit einem leichten zeitlichen Versatz von zwölf Sekunden auf YouTube und Google+ übertragen oder „gestreamed“, wie es neudeutsch heißt. Man kann sich das bildlich so vorstellen: Ein Hangout ist wie ein Stammtisch in der Kneipe. Man trifft sich zu einem lockeren Gespräch unter seinesgleichen, an dem Stammtisch ist nur Platz für zehn Leute. Die Gäste kommen und gehen, und selbst der Wirt (der den Hangout gestartet hat) kann sich verabschieden und die Runde bleibt bestehen. Hangout on Air, also ein Hangout in der Luft? Damit meint Google eine Videokonferenz, die live auf der Videoplattform YouTube übertragen wird.

Podiumsdiskussion auf der Informare 2012 Foto: Hannes Schleeh

Der Hangout on Air gleicht einer Podiumsdiskussion bei einer großen Veranstaltung. Oben auf der Bühne sind zehn Sessel für die Panelgäste, die mitdiskutieren können. Alle anderen im Saal können bei der Diskussion nur zuhören. Oft werden am Ende solcher Podiumsdiskussionen Zuschauerfragen aus dem Auditorium zugelassen. Genau das Gleiche erreicht man mit Kommentaren via Twitter Hashtag oder mit der Fragen-und-Antworten-App im Hangout on Air. Im Hangout on Air wird das Saalmikrofon durch die Livekommentare und -fragen der Zuschauer über Twit- ter und Google Plus ersetzt. Alternativ kann man einzelne Zuschauer auch auf die Bühne oder in unserem Beispiel in die laufende Hangout on Air-Sendung holen. Im Gegensatz zu anderen Live Streaming Plattformen wie Livestream, Ustream oder TwitchTV besteht beim Hangout on Air die Möglichkeit, wie in einer Liveschaltung mehrere Teilnehmer aus unterschiedlichen Orten in einer Sendung zusammenzuschalten. Derzeit gibt es keinen anderen Dienst, der das in einem so einfach zu bedienenden System kostenlos anbietet. Ein weiterer großer Vorteil von Hangout on Air ist die Verbindung mit You- Tube, der weltweit größten Videoplattform. Dort ist eine einfache Verbreitung und Auffind- barkeit sichergestellt. Schließlich ist YouTube nach Google die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Soweit der Ausschnitt aus dem ersten Kapitel unseres am 4. September 2014 erscheinenden Buches mit dem Titel: Live-Streaming mit Hangout on Air

Livestreaming mit Hangout on Air erscheint im Hanser Verlag Autoren Hannes Schleeh und Gunnar Sohn

Die mobile Version verlassen