Einfach machen – Apple und die zunehmende Komplexität

iPhone Vorstellung T-Mobile November 2007 Düsseldorf

Apple verliert treue Nutzer

Mit seinem Anfang des Jahres verfassten Blogartikel hat Ralf Rottmann im Internet für Furore gesorgt. Als überzeugter Apple Fanboy und Entwickler auf iOS Plattformen hat er regelmäßig neue Geräte getestet und Googles Android bisher für nicht gut befunden. Das änderte sich schlagartig als er das erste Mal das Nexus 4, Googles neuestes Android Smartphone, bekam und benutzte.

In seinem auf Englisch verfassten Artikel erklärt er, wie es zu dem Sinneswandel kam:
And then I got the Nexus 4.When the latest Google flagship Android device shipped, I almost expected it to turn out as yet another “take-a-look-and-sell-it-on-ebay” experience. Little did I know.It’s now almost two weeks since I switched the Nexus 4 on for the first time – and meanwhile I completely moved to it, leaving my iPhone 5 at home. Do I miss anything? Nope. Except iMessage. More to that later.
Außer dem Apple-Dienst iMessage hat er auf dem Android-Gerät nichts weiter vermisst, was ihn dazu hätte veranlassen können wieder zur Nutzung seines iPhone 5 zurück zu kehren.

Im Hangout on Air Interview mit meinem Blogger-Kollegen Gunnar Sohn erklärt er sehr anschaulich, warum das so war. Als Smartphone-Poweruser, wie er sich selbst bezeichnet, der intensiv und kompetent die smarten Funktionen der Telefone nutzt, musste er feststellen, dass Google mit dem neuesten Android Betriebssytem das iOS von Apple überholt hatte.

Meine persönlichen Erlebnisse mit Apple

Mir ging es zuletzt ähnlich, wie Ralf Rottman. Aber nicht nur im Smartphone Bereich, wo ich statt dem neuen iPhone 5 zu einem Samsung Galaxy S3 gewechselt habe. Seit Apples Betriebssystem Lion auf meinen Mac’s läuft habe ich Probleme, die mich an die alten Zeiten unter Windows erinnern. Mein neuer iMac, den ich im Juni 2012 bekommen habe ist die schnellste und am besten ausgestattete Maschine, die ich je hatte. Trotzdem musste ich mehrfach den Apple Support in Anspruch nehmen.

Mehrfach startete die Maschine neu, ohne von mir dazu veranlasst worden zu sein. “Kernel-Panic” wurde mir als Fachbegriff vom Apple-Supporter als Erklärung dafür geliefert. Trotz mehrfacher Versuche tritt das Problem immer mal wieder ohne Vorankündigung auf. Mit einem anderen Problem an meinem iMac habe ich es bis in die zweite Support-Stufe geschafft. Da dürfen die Supporter sogar meinen Bildschirm sehen. Grund für diese Hilfe war, das die mit 16 GB Hauptspeicher, SSD-Festplatte und größtem Prozessor ausgestattete Maschine quälend langsam wurde und mangelnden Plattenplatz reklamierte.

Obwohl wir fast einen Tag lang gemeinsam in den Untiefen des Betriebssystems gesucht hatten, konnte der Applemitarbeiter das Problem nicht lösen. Nachdem er am nächsten Tag frei hatte, habe ich selbst versucht dahinter zu kommen und ließ die Software atMonitor  mitlaufen, die die Auslastung von Arbeitsspeicher, Prozessor und Festplatten anzeigt und siehe da, nach zwei Stunden fing es wieder an. Ich fand heraus, das ein Druckauftrag an meinen HP-Drucker über WLAN das Problem war. Da er den ausgeschalteten Drucker nicht erreichen konnte schaufelte das Programm Daten um Daten in eine Datei, die zuerst den Arbeitsspeicher auffüllte und dann sehr schnell mittels Auslagerungsdateien die Festplatte zu müllte. Nachdem der Druckauftrag gelöscht war, war es mit dem Spuk vorbei.

Vor ein paar Tagen bekam mein iMac mal wieder seine Kernel-Panic und das veranlasste mich zu meinem ersten Apple-Rant auf Google+.

Leider habe ich im Bereich der Computer-Betriebssysteme nicht die Möglichkeit so leicht zu wechseln. Auch die Anschaffung teuerer Programme und eine gewisse Gewöhnung verhindert ein Austesten und einen schnellen Wechsel. Die nächste Frage ist wohin wechseln im Bereich Betriebssysteme auf Stand-Computern. Windows 7  läuft zwar sehr stabil und Windows 8  ist aus meiner Sicht keine große Neuheit, außer man nutzt einen Touchscreen, um die Vorteile der Kacheln in Anspruch zu nehmen, aber wieder zu Windows zurück gehen? Ich weis nicht so recht!

Linux? Na ja ich bin zwar ein versierter Nutzer, habe aber immer noch kein Linux ausgetestet. Mir fehlt auch schlichtweg die Zeit dazu. Das war ja damals der Hauptgrund, weg vom nervenden dauernd unsichern Windows hin zum virenfreien No-Brainer Apple.

Selbst meiner inzwischen 75-jährigen Mutter habe 2007 einen iMac aufgeschwatzt. Der läuft auch noch wie damals mit seinem Snow Leopard Betriebssystem wie ein Uhrwerk. Da ich in unserer Familie der erfahrenste Computer-Nutzer war, wandte sich meine Mutter an mich, als ihr alter Windows-PC defekt war. Sie wollte sich einen Laptop anschaffen, mit Windows. Ich stellte sie vor die Alternative Windows ohne meine Unterstützung oder einen Mac mit Rundumversorgung. Sie entschied sich für Letzteres und das war auch gut so. Der iMac und das Apple Betriebssystem waren so einfach, das ich nur ab und zu erklären musste wie ein Programm zu bedienen ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war meine Mutter so begeistert, das ihr Lebensgefährte inzwischen den gleichen iMac zu Hause stehen hat. Heute würde ich mich schwer tun mit einer ähnlichen Empfehlung.

Was ist los mit Apple?

Stösst der goldene Käfig an seine Grenzen. Ist die ursprünglich so hoch gelobte Einfachheit mit dem Firmengründer Steve Jobs gestorben? Apple  ist die am höchsten bewertete Firma der Welt. Apple hat sehr teuere Produkte und ist inzwischen vom Innovator zum Gejagten geworden. Bei dem iOS Betriebssystem sehe ich das als systemimmanent an. Als das erste iPhone auf dem deutschen Markt kam, war ich bei der gigantischen Vorstellung durch die Telekom live dabei.

iPhone Vorstellung der T-Mobile November 2007
iPhone Vorstellung der T-Mobile November 2007

Damals war ich noch überzeugter Nokia N95  Poweruser. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstehen, was so toll an diesem doch sehr klobigen Gerät sein sollte. Ich verglich wie gewohnt als erstes die technischen Daten. Da konnte das iPhone das Nokia N95  nur bei der Bildschirmgröße übertrumpfen.

Nokia N95 Prototyp
Nokia N95 Prototyp

Kurz darauf holte ich mir einen iPod Touch  als Ersatz für meinen alten iPod. Nach kurzer Zeit verstand ich den revolutionären Ansatz in der Bedienung und Nutzerfreundlichkeit bei den Apple-Geräten.
Damals wechselten wir auch in der Marketingabteilung, die ich leitete, komplett zu Apple, was unserer hausinternen IT völlig gegen den Strich ging.

Was bringt die Zukunft?

Heute erlebe ich so etwas wie ein Déjà-vu. Mit Android, Google+  und Google Apps  hat der Suchmaschinenbetreiber inzwischen super einfache Lösungen geschaffen, die einfach Spass machen. Bei Apple stösst man dagegen immer wieder an die engen Stäbe des goldenen Käfigs, der zwar immer noch sehr sicher ist, aber dem versierten Nutzer teilweise zu große Einschränkungen zumutet. Man kommt sich letztendlich doch eingesperrt vor. Das löst dann den Wunsch nach Ausbruch in die Freiheit aus.

Diesen Artikel schreibe ich in Google Apps. Speichern ist überflüssig, eine Datensicherung muss ich auch nicht machen. Denn wenn mein iMac mal wieder seine Kernel-Panic  bekommen sollte ist das Dokument sicher im Netz auf den Servern von Google. Apple hat es selbst im dritten Anlauf nach .mac  und MobileMe  mit iCloud  aus meiner Sicht nicht geschafft es dem Nutzer einfach zu machen. Ich habe bei iCloud immer das Gefühl, das mir mein kostbarer Speicher auf den iOS-Geräten zugemüllt wird. Dieses alle Daten auf allen geräten zu synchronisieren ist doch nicht mehr zeitgemäß. Fast immer habe ich genügend Bandbreite zur Verfügung um auf meine Dokument in der Cloud zuzugreifen. Wozu also das dauernde Hin- und Her Synchronisiern?

Wenn Google die Google Glas demnächst an die Entwickler verschickt und diese dafür neue und nützliche Applikationen schreiben, werde ich einer der ersten Anwender sein. Seit etlichen Jahren beschäftige ich mich in meinem Blog AR-Welt.de mit diesem Thema. Aus meiner Sicht werden unsere Kinder und Enkel eines Tages verwundert fragen, was der Schauspieler in dem dann alten Film aus 2012 für ein Täfelchen in der Hand hält, auf das er dauernd starrt. Denn mit Sprachsteuerung und Einblendung von relevanten Informationen direkt in unser Blickfeld ist die nächste Stufe der Einfachheit erreicht. Man hat die Hände frei, sieht die Umgebung und bekommt die relevanten Informationen direkt eingeblendet. Google Now zeigt heute schon auf den Smartphones wohin die reise gehen kann.

Fazit

Apple muss den Abstand zwischen den Gitterstäben stark erweitern. Am Besten soweit, das der Nutzer sich nicht im Käfig wähnt und nur soweit, das die gewohnte Sicherheit bei Apple noch gewährleistet ist. Besonders der Patentkrieg mit Google und Herstellern von Android Smartphones hat aus meiner Sicht Apple mehr geschadet als genutzt. Der alte Apple-Spot mit Bezug auf 1984 könnte heute komplett anders verstanden werden. Apple wäre inzwischen der Big Brother. Kein Konzern gibt kampflos Umsätze und Marktanteile her, aber wer versucht das durch Klagen zu erreichen, der schafft sich keinen Ruf als innovatives Unternehmen. Man hat eher den Eindruck einer Petze, die den Kollegen bei einer Entscheidungsinstanz anschwärzt. Besonders vor dem Hintergrund, das Apple es selbst früher nicht so genau mit dem geistigen Eigentum anderer genommen hat. Besser wäre es, wenn Apple die riesigen Summen in neue Erfindungen zum Wohle seiner Kunden investiert, als sie teueren Anwälten für Klagen gegen Mitbewerber in den Rachen zu werfen. Ich mag Apple als Marke immer noch, aber die Zuneigung nimmt stetig ab. Dagegen sollten die Manager bei Apple etwas unternehmen, denn ich bin genau wie Ralf Rottman nicht der Einzige. Steve Jobs wollte immer gute Produkte herstellen. Gute und einfache zu bedienende Produkte und nicht geführte Prozesse sollten die Verknüpfung zur Marke Apple  in den Köpfen zukünftiger Generationen bilden.

6 Kommentare

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  1. […] zustande kam. Die unerwartet große Resonanz auf seinen Artikel im Netz zeigt, das es anderen Nutzern inzwischen ähnlich geht. Wer wissen will warum Ralf Rottmann, der ein ausgemachter Fachmann auf […]

  2. […] “Apple muss den Abstand zwischen den Gitterstäben stark erweitern. Am Besten soweit, dass der Nutzer sich nicht im Käfig wähnt und nur soweit, dass die gewohnte Sicherheit bei Apple noch gewährleistet ist”, fordert der Social Media-Berater und Blogger Camp-Mitorganisator Hannes Schleeh. […]

  3. […] Beim Ökosystem für die mobile Kommunikation habe Apple diesen Vorsprung verloren. „Apple muss den Abstand zwischen den Gitterstäben stark erweitern. Am besten so weit, dass der Nutzer sich nicht im Käfig wähnt und nur so weit, dass die gewohnte Sicherheit bei Apple noch gewährleistet ist“, fordert der Social-Media-Berater und Blogger-Camp-Mitorganisator Hannes Schleeh. […]

  4. […] Käfig wähnt und nur soweit, dass die gewohnte Sicherheit bei Apple noch gewährleistet ist“, fordert der Social Media-Berater und Blogger Camp-Mitorganisator Hannes Schleeh. (Gunnar Sohn, Ich sag […]

  5. […] „Apple muss den Abstand zwischen den Gitterstäben stark erweitern. Am Besten soweit, dass der Nutzer sich nicht im Käfig wähnt und nur soweit, dass die gewohnte Sicherheit bei Apple noch gewährleistet ist“, fordert der Social Media-Berater und Blogger Camp-Mitorganisator Hannes Schleeh. […]

  6. […] Einfach machen – Apple und die zunehmende Komplexität Warum es Apple nicht mehr schafft, sich an der Spitze der Innovation zu halten. Googles Android hat das eher dezent veränderte iOS inzwischen überholt. Der goldene Käfig Apple wird zunehmend zur Belas… […]

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